Desert Art

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Die Kunst der australischen Ureinwohner ist mit nachweislich mehr als 40.000 Jahren die Kunst mit der weltweit längsten Tradition.

Traditionell malte die indigenen Bevölkerung vergänglich auf Sand und Körper und permanent auf Fels, später auf Gebrauchsgegenstände und – insbesondere in Nordaustralien – auf Rinde.

Zur Verwendung kamen dabei natürliche Erdpigmente (sogenannte Ochres), sowie Kleie und Kohle, so dass die traditionellen Bilder in warmen Erdtönen (rot, braun, gelb) mit Weiß und Schwarz gehalten sind.

Hauptthema / -motiv – in der Wüstenkunst zumeist aus der Vogelperspektive – sind bis heute die Überlieferungen der Tjukurrpa (Schöpfungsgeschichte) sowie topographische Landkarten, die den Charakter der von den Schöpferahnen geschaffenen Landschaft beschreiben.


Ikonographie

Die häufigsten Symbole der traditionellen Wüstenkunst sind Kreise (z.B. für Wasserlöcher, Camps oder Versammlungsplätze), U-Formen (für sitzende Personen – an ihren Utensilien: Bumerang und Speer oder Grabstock und Trageschale kann man erkennen, ob es sich um Männer oder Frauen handelt), Verbindungslinien für die Wege der Schöfperahnen, die ganz Australien durchziehen (sogenannte Songlines) sowie Symbole für Pflanzen und Tiere, die in der Wüstenkunst meist anhand ihrer Fußspuren dargestellt werden.
Diese Ikonographie und mittlerweile auch die Werke der Aboriginal-Künstler stehen seit 1994 unter besonderem Schutz.


Kunsthistorie

Anfang der 70er Jahre begann in Papunya, ca. 240 km nordwestlich von Alice Springs – mitten im roten Herz von Australien – eine der spannendsten Kunstbewegungen des letzten Jahrhunderts.

Geoffrey Bardon, ein junger Lehrer, der von den Sandmalereien der indigenen Kinder im trostlosen Reservat von Papunya beeindruckt war und sie daraufhin mit Malutensilien ausstattete, stellte fest, dass es die Männer (und dort die Stammesältesten) waren, die dieses Angebot freudig annahmen. Im sozialen Gefüge der Aborigines ist nämlich genau festgelegt, wer was aufgrund seines Geburtsrechts und aufgrund seines Status in der Gesellschaft malen darf. Geoffrey Bardon ermutigte die Männer, in ihrer eigenen Bildsprache und nicht in der des weißen Mannes zu malen, und so bemalten sie die Schulwand mit ihrem Honeyant - Dreaming.

Dieses Gemälde war der Ursprung für eine große Kunstbewegung. Aboriginal Art macht heute einen großen Teil des australischen Kunstmarkts aus und das, obwohl die Aborigines nach der Besiedlung durch die Weißen – durch Zerstörung ihrer Lebensgrundlage durch die Viehzucht, durch Massaker und durch eingeschleppte Krankheiten – dezimiert wurden und heute nur noch deutlich weniger als 5% der australischen Gesamtbevölkerung ausmachen.

Diese Kunstbewegung entstand ohne formale Ausbildung der Künstler, in den Anfängen nicht etwa durch Kunsthistoriker oder -lehrer angeleitet, sondern durch sensible Menschen, die sich für das Leben dieser Menschen und deren Kunst und Kultur interessierten und dem Volk mit Respekt begegneten.

Die Männer in Papunya malten in den folgenden Jahren die mehrdeutigen Symbole der traditionellen Kunst vorwiegend mit Holzstöckchen, und sie malten im – inzwischen klassisch zu nennenden – Tupfstil (sogenannte Dotart) auf Holz, Karton, Spanplatten und später auf Leinwand mit allem, was an Farbe zu kriegen war (einschließlich Wandfarbe, Zahnpasta und Schuhcreme), heute allerdings vorwiegend mit Acryl. Die Tupfen stellen in manchen Fällen die wechselnde Vegetation dar, in anderen Fällen wurden sie verwandt, um geheimes Wissen für Nichteingeweihte zu verdecken. Schließlich war es neu, dass nun auch für die Öffentlichkeit gemalt wurde.

Das bestimmende Thema in Papunya waren Ausschnitte aus den Überlieferungen des Tingari-Zyklus, der die langen Wanderungen der Schöpferahnen und die Überlieferung von Recht und Gesetz beschreibt.

In den Folgejahren entstanden in anderen Gebieten ähnliche Bewegungen – teils entlang von Verwandtschaftslinien und Reiserouten zu Zeremonien und teils durch staatliche Entwicklungsprogramme. Die einzelnen Regionen entwickelten unterschiedliche Designs und Techniken und unterscheiden sich häufig in der Farbwahl, wobei in den Gemälden der individuelle Duktus des einzelnen Künstlers in den letzten Jahren stärker zum Vorschein kommt als seine Herkunft.

Einige Darstellungsformen sind der westlichen abstrakten Malerei sehr ähnlich, auch wenn sich die Aboriginal Art fernab von deren Einfluss entwickelt hat.

In jüngeren Jahren nimmt die politische / soziokulturelle Dimension der Arbeiten zu.

Heute ist Aboriginal Art eine der spannendsten Kunstbewegungen weltweit, deren Sammlerwert – spätestens seit der dOCUMENTA (13) – auch in Europa längst kein Geheimnis mehr ist.


Fotos (v.l.n.r.):
Simon Hogan: Tjining, 2012 © ARTKELCH
Ilkurlka Felsloch © Spinifex Arts Project
Joan Eva Nagomara © Warlayirti Artists